Jeder kennt es, jeder nutzt es. Eine tolle Erfindung, die man viel zu oft vermisst.
Der Begriff Assistent bezeichnet eine Oberfläche, mittels derer ein Anwender durch mehrere Dialoge für eine ergonomische Dateneingabe (z. B. Software-Installation) geführt wird.
…weiß Wikipedia zu berichten. Es ist nicht falsch aber auch schrecklich unvollständig.
Assistenzsysteme – zu denen unsere Assistenten gehören – werden vom Lehrstuhl für Datenbank- und Informationsyteme der Uni-Rostock wie folgt beschrieben:
Assistenzsysteme dienen den Nutzer zur Unterstützung in bestimmten Situationen oder bei bestimmten Handlungen. Die Voraussetzung dafür ist eine Analyse der gegenwärtigen Situation und gegebenenfalls darauf aufbauend eine Vorhersage der zukünftigen Situation. Die Interaktion sollte sich dem natürlichen Handlungsablauf des Menschen anpassen und die Ausgabe sollte komprimiert sein, um den Nutzer nicht zu überlasten.
Wir können solche Systeme mit 5 Haupteigenschaften beschreiben:
- Nicht überall einzusetzen
- Passen sich dem Ist-Zustand des Bedieners an
- Ermitteln und bieten dem Nutzer sinnvolle Handlungsalternativen
- Sollen das natürliche Vorgehen des Menschen imitieren
- Das Ziel ist die Entlastung des Benutzers
Der typische Einsatz-„Ort“ ist ein Informationssystem, das mit Eingaben gefüttert werden möchte. Ein allgemein bekanntes Assistenzsystem und für viele aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken stellt das „Navi“ dar. Ihre Aufgabe besteht darin, für den Benutzer auf die Eingabe hin bekannte Orte auszusuchen und als Ziel vorzuschlagen. Danach muss es aus einer Unmenge von Straßen den Weg dahin berechnen (und hoffentlich bei Fahrfehlern diesen Schritt zu wiederholen) sowie dem Benutzer die audiovisuellen Hinweise geben.
Ein solches Navi ist auch für Online-Informationssysteme denkbar: Webseiten, Datenbanken, Graphen. Im einfachsten Falle ist es eine interne Suchmaschine einer Webseite, die direkt den passenden Link ermittelt. Ein richtiger Assistent ist das aber noch nicht. Erst mit Frage-Antwort-„Spielen“ kann ein System genug Wissen über das Vorhaben des Benutzers sammeln. (Weitere Eingabequellen wir Geolokation, genutztes Gerät oder Verweisungskontext lassen wir der Einfachheit wegen aus.) Solche Frage-Antwort-Systeme kennt man z.B. von Computerherstellern, die nach und nach durch ein Ausschlussverfahren (genauer gesagt: die Klassifizierung) das gesuchte Gerät des Benutzers ermitteln (Eingrenzen und Verringern der zur Verfügung stehenden Alternativen). Zuerst den Typ (Desktop, Laptop, Tablett), die Familie (Thinkpad, ENVY etc.) und Nummer, Name oder Ausstattungsdetails sind dazu zweckdienlich.
Eine andere Variante sind die vorgegebenen Entscheidungspfade. Jeder Knoten hat „mehr als null“ Handlungsalternativen. (Bleibt nur eine, wird die Entscheidung auf den weiteren Knoten verlagert und kann ausgelassen bzw. zusammegefasst werden.) Hat ein Knoten keine Alternativen anzubieten, ist es eine endgültige Entscheidung. Bei Webseiten mit großem Seitenumfang und tiefen Hierarchien bietet es sich an, dieses Verfahren einzusetzen. Durch die Auswahl zwischen mehreren Anfangsknoten und Stufenweises eingrenzen kann man schwer auffindbare Seiten schneller erreichbar machen. Es ist aber auch möglich, Grenzfälle mehr als nur in einem Bereich zur Auswahl zu stellen. So bekommt man aus einer Monochierarchie eine polyhierarchische (aber hoffentlich keine rekursive) Seitenstruktur. (Viele Wege führen nach Rom!) z.B.: ist Biochemie ein Teil der Biologie oder der Chemie?
Ebenso nützlich sind Assistenten bei Formularen. Statt alle Eingaben auf einmal abzufragen, bietet es sich an, nur die (Fall-abhängig) benötigten zu präsentieren. Diese besondere Art der ergonomischen Anpassung wird meist in Form eines Dialogs umgesetzt. So wird der Benutzer geschont. Er braucht nicht zu überlegen und voraus zu berechnen. Möglichst einfache Antworten auf die aktuelle gestellte Frage führen den Benutzer zum nächsten Fenster mit der nächsten Frage.
Warum finde ich diese Erfindung so großartig?
- Der Benutzer muss nicht im Voraus wissen, wie er handeln muss.
- Komplexe Fragen können in mehreren kleinen Schritten abgearbeitet werden.
- Es können mehrere Schritte eingeplant werden, die zwischen unterschiedlichen Bereichen Brücken schlagen.
- Die Wahrscheinlichkeit von Fehlern wird verringert, der Frust wegen Fehlbedienung verhindert.
Wo würde ich keine Assistenten (Dialoge) einsetzen?
- Bei überschaubaren Informationsmengen. (Unnötige Belastung)
- In gut nachvollziehbaren Hierarchien. (Eindeutig)
- Bei erfahrenen Benutzern, die den Ablauf gut kennen und Programme mit Tastenkürzeln bedienen können. (Zeitersparnis)
- Den Benutzer von seiner gewohnten Arbeitsweise abhalten. (unnatürlich)