Was bringt UX?

In einer schnelllebigen Welt werden stets neue Begriffe ge-Hype-t. Man schwört darauf, es soll der Bringer sein. Faktisch sind es jedoch Lösungen für einen bisher vernachlässigten Teilbereich eines größeren Problems. So auch das Schlagwort User Experience – kurz UX.

Womit beschäftigt sich UX?

Die Wissenschaft (oder vielmehr Praxis) zur Nutzererfahrung – wie es ins Deutsche oft übersetzt wird – beschäftigt sich mit dem statistisch oft vorkommenden funktional-gestalterischen Prinzip (sog. UI-Design Pattern). Es ist eine desktiptorische Sammlung an Wissen über die Software und ihre Nutzer – oder genauer: ihre Benutzung. In einer Menge an Fakten über die Gestaltungsprinzipien und ihr Erfolg im Einsatz werden die Musterlösungen herausgesucht, die sowohl erfolgreich eingesetzt werden als auch von den Benutzern sehr gut akzeptiert wurden und somit zu einem Usus geworden sind. Oder schlichtweg das, was wir als „intuitive Bedienung“ bezeichnen.

Woher kommt UX?

Die User Experience ist ein Teil der Usability.  Diese besteht aus mehreren Fächern, z.B.: Aufgabenangemessenheit, Erwartungskonformität, Steuerbarkeit, Lernförderlichkeit, etc. UX ist eine Mischung vor allem aus Aufgabenangemessenheit (ein Knopf zum Absenden von Eingaben), Erwartungskonformität (Pfeil-nach-links-Symbol bewegt einen im Verlauf rückwärts) und Lernförderlichkeit (das Wischen nach links oder rechts auf einem Smartphone in der App „X“ und der App „Y“ haben die gleiche Funktion – das Bewegen in einer Sammlung). Seit geraumer Zeit schreiben bereits einige Produzenten von Software und Frameworks eigene UX-Richtlinien, die eine einheitliche Wunschvorgabe (präskriptiv) für die Entwickler oder aber „best practices“ (desktiptiv) darstellen.

Was kann UX?

Ein erfolgreiches Gestaltungsprinzip, wie der bereits erwähnte Pfeil-nach-links, hilft dem Benutzer in der Orientierung und senkt den sog. Cognitive Load. An stelle von Verunsicherung im Bezug auf die Funktionsweise und die zu erwartende Aktion hinter einem Element (Erwartbarkeit) tritt vor allem die Routine, die auf bereits erlernten Bedienungs-Patterns basiert. UX macht die Bedienung intuitiver, indem sich die Software Erwartungskonform verhält.

Was kann UX nicht?

User Experience ist vor allem eine posteriorische, deskriptive „Wissenschaft“. Sie kann auf Basis gesammelter Erfahrung helfen, bereits vorgekommene Einsatzgebiete abzudecken. Mit anderen Worten: Man tut genau das und genau so, was die anderen tun. Was die anderen nicht tun – darüber gibt es keinerlei Aussagekraft. Für noch unbekannte Gestaltungsprinzipien und Funktionen muss man es mit Usability Tests erst herausfinden. Sollte die App eine noch völlig neuartige Funktion einführen (z.B.: die gerade offene Ansicht an dieselbe App auf einem anderen Gerät senden), muss sich der Entwickler Gedanken machen, welche Gestaltungselemente oder Gesten noch nicht verwendet werden und nicht missverständlich sind. Seine Lösungsansätze, muss er in Form von Tests (wie A/B-Tests) überprüfen. Dabei muss man bei Neuentwicklungen besonders auf die Fehlertoleranz und Selbsbeschreibungsfähigkeit achten. Dies ist eine Teil von Usability-Engeneering.

Wo trifft man UX an?

Es ist allgegenwärtig. Jedes Programm (auch auf der Kommandozeile), jede GUI, jede Webseite – sie alle müssen den Erwartungen des Benutzers erwarten. Auf der Kommandozeile erwartet jeder Unix- Nutzer, dass ein eingehängtes „-h“ oder „–help“ die Liste der verfügbaren Parameter und Funktionen zu Tage befördert. In Android setzt der Benutzer 3 Knöpfe für die Navigation im gesamten System ein („zurück“, „home“ und „taskmanager“), wobei erster und dritter je nach Hersteller in der Reihenfolge ausgetauscht werden und verschiedene Zusatzfunktionen haben können (hier ist das Ende von UX). Frameworks wie Twitters Bootstrap, SenchaTouch oder jQueryMobile bringen mit der Sammlung an Gestaltungselementen meist auch Gestaltungsregeln mit.

Einige Dinge schließen sich von selbst. Eine App-Oberfläche, die mit nur einer Hand bedient werden soll, muss die meist genutzten Bedienungselemente (für Rechtshänder) außerhalb von links oben und rechts unten anordnen. Diese zwei Flächen sind nahezu „blind“, da der Daumen nur schwer dahin kommt: er ist entweder zu kurz (links oben) oder zu lang (rechts unten). Bei Smatphones mit 5 Zoll und mehr, fällt dies besonders auf. Auch diese Erfahrungen fließen nach und nach in die allgemeinen Richtlinien ein.

Ein Vorreiter der Usability und UX ist Jakob Nielsen, der in seinen Büchern (allgemein, fürs Web oder für mobile Geräte) für die stärkere Orientierung an diesen Prinzipien wirbt und solche auch praktisch demonstriert. Seine Bücher sind sehr lesenswert. Aber auch ein tieferer Blick ins Buch App-Desing von Jan Semler lohnt sich. Für Android-Oberfläche und Bedienung sollte man Googles Best Practices (code) und Designvorschläge beherzigen.

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